Kantillationen - Allgemeines u. Gemeinsames S.5


7. Cursus leoninus

a) Begriff - Bedeutsamkeit

Wie bei den Schlüsselerkenntnissen (5 c 2) bereits angedeutet, schließt die schematische Modellhaftigkeit der authentischen lateinischen (wie auch der neuen offiziellen deutschen) Kantillationen eine konstitutive Korrespondenz zwischen ihrer melodie- und sprachrhythmischen Struktur ein. "Konstitutiv" will sagen: Wesentlich für das authentische Melodiemodell und daher unverzichtbar entsprechend der Option für die modellgetreue Vertonung und die dazu erforderliche Übersetzung (5 d).

Der unverzichtbare Sprachrhythmus ist gekennzeichnet durch bestimmte Folgen von betonten, schwachbetonten und unbetonten Silben, die man nach Papst Leo I. (440-481 n. Chr.) "cursus leoninus" nennt (cursus = lateinisch: Lauf, Verlauf). Klassisches Vorbild für diesen Sprachrhythmus sind Leos in vollendeter Eleganz formulierte Gebete und Reden.

b) Gemeinsamkeiten

Den gewöhnlichen Formen des cursus leoninus ist gemeinsam:
-  Vor der letzten betonten Silbe stehen mindestens zwei, höchsten drei oder vier unbetonte Silben, in den beiden letzten Fällen mit Nebenakzent (schwachbetont) auf der vorletzten Silbe vor der letzten betonten Silbe;
-  nach dem letzten Hauptakzent folgen wenigstens eine, höchstens zwei unbetonte Silben.

c) Wichtigste Typen

Von den verschiedenen möglichen Formen eines cursus leoninus brauchen exemplarisch nur die vier wichtigsten erwähnt zu werden, weil sie weit überwiegend den Sprachrhythmus der lateinischen Gebete und Präfationen (und des Präfationsteils im Exsultet) bei Satzmitten und -enden und den Melodierhythmus der entsprechenden Kadenzformeln bestimmen.

Der Leser darf gebeten werden, diese Beispiele mit dem zu vergleichen, was kurz zuvor als gemeinsam für die gewöhnlichen Formen des cursus leoninus beschrieben wurde.


Allgemeines und Gemeinsames zur Kantillation, Seite 5
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